Kennt ein Käufer beim Abschluss eines Kaufvertrages einen Mangel, kann er diesen später nicht reklamieren. Daher ist von Bedeutung, ob der Käufer vor Abschluss des Vertrages von dem Mangel wusste. Lässt er sich beim Notartermin von einem vollmachtlosen Vertreter vertreten, zählt der Zeitpunkt, zu dem der Käufer den Vertrag notariell genehmigt hat, nicht der Zeitpunkt des Abschluss des Vertrages durch den Vertreter.
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Unterzeichnet der Käufer in Unkenntnis eines Mangels den Kaufvertrag, hat er dem Verkäufer gegenüber einen Anspruch auf Mängelbeseitigung oder Schadensersatz (§§ 433, 437 BGB).
Kennt jedoch der Käufer beim Vertragsschluss den Mangel der Kaufsache, sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels grundsätzlich gem. § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen.
Fakt ist, dass während des Kaufprozesses sich verschiedene Mängel zeigen können. Beispielsweise stellt sich heraus, dass eine zunächst angegebene Fläche nicht der wirklichen Grundstücksfläche entspricht oder es treten Wasserschäden während des Kaufprozesses auf.
Lässt sich der Käufer und/oder der Verkäufer beim Notartermin von einem vollmachtlosen Vertreter vertreten, stellt sich die Frage, welcher Zeitpunkt für die Kenntnis des Mangels ausschlaggebend ist.
Bei einem vollmachtlosen Vertreter handelt es sich um eine Person, die nicht zu der wirksamen Abgabe einer Willenserklärung bevollmächtigt ist, aber an dem Notartermin teilnimmt. Um einen wirksamen Vertrag anzuschließen, muss anschließen eine beim Notar beurkundete Genehmigung erfolgen.
Der BGH hat die Frage abschließend geklärt. Wenn ein Käufer nach der Beurkundung aber vor der nachgelagerten Genehmigung einen Mangel kannte, ist eine Sachmängelhaftung des Verkäufers ausgeschlossen.
Der BGH wurde in seiner Entscheidung vom 06.05.2022 – V ZR 282/20 – vor folgende Fallkonstellation gestellt: der Kläger war ein Makler, der vom Verkäufer mit dem Verkauf eines großen Grundstücks beauftragt wurde. Der Makler übersandte das Exposé des Grundstücks an eine Bauträgergesellschaft. Inhalt des Exposés war u.a. die angegebene vermietbare Fläche des Gebäudes von „ca. 1.703,57 qm“ und die Fläche des Hinterhofgebäudes von „ca. 153 qm“. Die Bauträgergesellschaft entschied sich dafür, das Grundstück zu erwerben. Bei notarieller Genehmigung erschienen für Käufer wie auch Verkäufer vollmachtlose Vertreter. Jegliche Sachmängelhaftung zugunsten der Verkäuferin wurde vertraglich ausgeschlossen.
Es stellte sich heraus, dass die Flächenangaben des Grundstücks im Exposé fehlerhaft waren. Die vermietbare Fläche betrug nur 1412 qm und die Fläche des Hinterhofgebäudes lediglich 55,97 qm. Die Käuferin hatte allerdings den Vertrag zu einem Zeitpunkt genehmigt, in dem ihr bereits die wahre Fläche des Grundstücks bewusst war. Aus diesem Grund weigerte sich der Bauträger, die Maklerprovision in Höhe von 92.000 Euro zu zahlen und verlangte außerdem 342.000 Euro Schadensersatz.
Der Bundesgerichtshof stellte zusammenfassend fest, dass durch Genehmigung des Kaufvertrags durch die Käuferin in Kenntnis der abweichenden Flächenangaben im Exposé, Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind.
Maßgeblicher Zeitpunkt war somit der Eingang der notariell beglaubigten Genehmigungserklärung des Käufers bei dem Notar.
Dem Käufer stehen somit keine Schadensersatzansprüche und kein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Maklerprovision zu. Die oberste Instanz in Karlsruhe stellt zu ihrer Begründung auf den § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ab, wonach die Rechte wegen Mängeln an der Kaufsache ausgeschlossen sind, wenn der Käufer sie bei Vertragsschluss kannte. Kennt der Käufer die Mängel, besteht im Lichte des Gesetzes keine Schutzwürdigkeit des Käufers mehr. Vielmehr würde es sich um einen Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB („Treu und Glauben“) handeln, wenn ein Käufer diverse Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen kann, die er bereits kannte.
Es komme, so der BGH, also nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, sondern auf den Zeitpunkt der Nachgenehmigung durch den Käufer.
Die Käuferin hätte folglich keine Genehmigung zum Kaufvertrag abgeben dürfen, sondern stattdessen die Genehmigung verweigern müssen. Zwar kann es sein, dass Mängel im Zeitpunkt des Einschaltens eines vollmachtlosen Vertreters beim Notar noch nicht bekannt sind, doch dieser Zeitpunkt ist nach dieser BGH- Rechtsprechung nicht der entscheidende, denn es kommt auf die nachgelagerte Genehmigung der Käuferseite an. Vor einer Vertretung durch einen vollmachtlosen Vertreter sowie vor einer Genehmigung zum Kaufvertrag bietet sich somit eine anwaltliche Beratung an, wenn Zweifel an der Mängelfreiheit bestehen.